150 Jahre einer Windmühle in Berichten und Bildern (Zeittafel)
06.10.1860
Müllermeister Friedrich Wilhelm Dieckmann erhält die Konzession zum Betreiben einer Windmühle.
1861
Die Mühle wird in Betrieb genommen
1866
Erste Erweiterung des Anbaus. Der Antrieb der Flachsreinigungsmaschine sowie des Oelschlages und bei Windstille auch der Antrieb der Mahlgänge, erfolgt durch eine 10 PS starke Lokomobile.
1880
Erweiterung um eine Flachsboke und um eine Säge.
1911
Eine Windrose dreht nun die Mühle in den Wind. Die Lakenflügel werden durch Klappenflügel ersetzt.
1948 / 1949
Walzenstuhl, Mahlgang, Reinigungsmaschine, Plansichter und Mischer werden eingebaut. Die Mühle wird auf Motorbetrieb umgestellt.
1955
Stilllegung der Mühle. Der letzte Pächter, Müllermeister Walter Maurer, übernimmt in Südlengern eine eigene Motormühle.
1973 - 1978
Der Heimatverein verhandelt mit der Stadt Spenge, dem Kreis Herford und dem Landesamt für Denkmalpflege in Münster wegen der Restaurierung der Mühle.
1978
Großes Dorfgemeinschaftsfest unter Beteiligung aller Vereine. Der Erlös wird für die Renovierung der Mühle verwandt.
03.1979
Beginn der Hauptrestaurierungsarbeiten, starke Eigenleistung der Mitglieder des Heimatvereins.
14.06.1980
Richtfest nach Flügelmontage – Durchmesser der Flügel ca. 18 Meter.
21.09.1980
Einweihung der Mühle nach Fertigstellung des Nebengebäudes (heutige Heimatstube) mit einem Festgottesdienst auf dem Mühlenhofe.
1984/85
Weitere Reparaturen und Renovierungen.
15.01.1986
Die Mühle wird unter Denkmalschutz gestellt.
1987
Erster plattdeutscher Gottesdienst an der Mühle. Die Predigt hält Pastor Wilhelm Dullweber. Weitere plattdeutsche Gottesdienste folgen.
2003
Abnahme der morschen Mühlenflügel. Entrümpelung der Mühle.
2004
Beginn der Verfugung des Mauerwerks des Mühlenstumpfes.
2005
Die holländische VAAGS, Mohlenwerken, montiert die neuen Flügel. Abnahme der Mühlenkappe und Renovierung durch die Zimmerei Möller in Tonnenheide.
2006 / 2007
Nachbesserung der Verfugung. Verschlämmung der Mühle.
2007
Zwei Flügel erhalten Segel. Der Mahlgang wird instand gesetzt. Das erste Korn nach 1955 wird gemahlen. Der Landwirt Wehrmann-Warning liefert 10 Zentner an und nimmt das Schrot als Futtermittel zurück. Die Treppe zur Heimatstube und der Aufgang zur Mühle werden erneuert und mit Rotstein-Klinkern ausgelegt. Die Zimmerei Möller in Melle-Buer fertigt zwei neue Treppen aus Holz an.
2010
Die beiden fehlenden Segel werden montiert. Am Deutschen Mühlentag (Pfingstmontag) werden erneut 10 Zentner Korn gemahlen.
06 / 2011
(Pfingsten): 150-jähriges Mühlenjubiläum unter Beteiligung aller Vereine in Hücker-Aschen
Anfänge
Als der Müllermeister Friedrich Wilhelm Dieckmann am 30. Juli 1860 beim Amtmann in Spenge um eine Konzession nachsuchte, hatte er zuvor als Pächter der Oberfeldschen Mühle (heute Ewering) in Klein-Aschen ein Dutzend Jahre Erfahrung als Wassermüller sammeln können.
1848 war er aus dem „hannoverschen“ Gesmold ins preußische Klein-Aschen gekommen. Offensichtlich hatten ihn seine Kenntnisse und der wirtschaftliche Erfolg in die Lage versetzt, auf dem Gehlenbrink den nötigen Grunderwerb zu tätigen und eine Windmühle des Typs „Wallholländer“ von Grund auf neu zu bauen.
Der „Wallholländer“ war seinerzeit die modernste Entwicklung der Mühlentechnik. Er löste die „Bockwindmühlen“ ab, bei denen noch der ganze Mühlenkorpus in den Wind gedreht werden musste. Neu war ein fest gemauertes Bauwerk, bei dem nur noch die „Kappe“ gedreht wurde.
Vor 150 Jahren war das Gelände am Gehlenbrink fast ohne Bebauung. Die Siedlungsschwerpunkte fanden sich in Klein-Aschen und in Hücker-Dorf. Die freie Hügellage bot eine uneingeschränkte und optimale Windnutzung. Wegen der energetischen Erfordernisse (Wasser- oder Windnutzung) waren die Mühlen meistens außerhalb der Bebauung angesiedelt, was die Müller in den Vorzeiten zu Einzelgängern machte und ihnen den Ruf recht seltsamer Individuen eintrug. Unterstrichen noch durch die Tatsache, dass sie offensichtlich in der Lage waren, die unberechenbaren Kräfte der Natur zu zähmen.
Als die Hücker-Aschener Windmühle im Sommer 1861 ihren Betrieb aufnahm, verfügte sie über je einen Weizen-, Roggen- und Schrotgang. Unter optimaler Ausnutzung der Windenergie wurde im Nebengebäude (heute Heimatstube) mittels einer unterirdischen horizontalen Welle aus dem Mühlenturm auch eine Ölmühle betrieben.
Gewerbebetrieb
Häufig verklärt ein romantisierender Blick aus heutiger Sicht auf die „gute alte Zeit“ die tatsächlich damals herrschenden Arbeitsbedingungen. Wer jemals eine Museumsmühle in vollem Betrieb erlebt hat, schwärmt nicht nur von dem unwiderstehlichen Geruch frisch gemahlenen Getreides, sondern kann auch von dem extremen Lärmpegel der Mahlgänge berichten. Der feine, permanent auftretende Mehlstaub legte sich auf alle Gerätschaften, die Arbeitskleidung und fand sich natürlich auch in den Wohnräumen der Müllersfamilie wieder.
Nicht selten griff der ständige Mehlstaub die Gesundheit der Müller an. Die Arbeitszeit war nicht tarifvertraglich geregelt, sondern die Wind- und Wetterverhältnisse bestimmten den Arbeitstakt. In ungewöhnlichen Wetterlagen war körperliche Schwerstarbeit gefordert und die gängigen Transportmittel des Mahlgutes waren prall gefüllte Zwei-Zentner-Säcke (100 kg) aus dicker Jute.
Den Unterlagen zufolge betrieben die Hücker-Aschener Müller in den ersten Jahrzehnten ein prosperierendes Handwerk, denn es wurde weiter investiert.
1866 kam eine Flachsreinigungsmaschine hinzu und für den Antrieb bei Windstille wurde eine „Lokomobile“ mit 10 PS installiert. Weitere Maschinen folgten. Ab 1880 vervollständigten eine Flachsboke und eine Säge den Maschinenpark.
Stillstand und Verfall
Als der letzte Dieckmannsche Müllermeister Mitte der dreißiger Jahre starb, wurde die Mühle an Müllermeister Pieper verpachtet. Als Pieper nach einem Losverfahren noch zur Wehrmacht eingezogen wurde und seit dem zweiten Weltkrieg als vermisst galt, ruhte in Hücker-Aschen der Mühlenbetrieb.
Um 1900 wurde die Kappe auf den Windrosenbetrieb umgestellt und Klappenflügel eingebaut.
In den Jahren 1948/49 wurde die Windmühle von einem anderen Zweig der Dieckmannschen Familie modernisiert und auf den neuesten Stand der Mühlentechnik gebracht. Die Umstellung auf Elektromotorbetrieb bedeutete den Abschied von der Windkraft und den Ausbau der Königswelle (das Teil, das die Kraft der waagerechten Flügelwelle in die Senkrechte überträgt).
Mit Müllermeister Maurer bewirtschaftete dann ein neuer Pächter die Anlage, bis er 1955 in Südlengern eine eigene Mühle übernahm. Die erfolglose Suche nach einem neuen Betreiber fiel in die Periode des großen Mühlensterbens im Minden-Ravensberger Land. Die Produktionsmethoden hatten sich radikal verändert. Bis dahin wurde das Getreide zur Sommererntezeit gemäht und zum Herbst hin gelagert. Dann zogen mobile Dreschmaschinen über die Höfe und das gedroschene Korn wurde nach und nach den Mühlen zum Mahlen angeliefert. Jetzt sorgten die neuen Mähdrescher dafür, dass bereits mit der Ernte viel zu viel Korn angeliefert wurde.
„Die Kapazitäten der kleinen Mühlen reichten nicht aus, die erforderlichen Investitionen konnten in der Regel nicht getätigt werden und der Mahlbetrieb konzentrierte sich auf wenige Großmühlen“, beschrieb Wilhelm Ewering, Müllermeister aus der Wassermühle in Klein-Aschen.
In der Hücker-Aschener Windmühle wurde nur noch ab und zu mit einem Mahlgang im Mühlenanbau (der heutigen Heimatstube) per Elektromotor Futtergetreide für den Eigenbedarf gemahlen. Die Maschinen im Inneren des Mühlenturms standen still und die äußere Hülle verfiel. Birken wuchsen aus dem Mauerwerk, die Fensterscheiben zerbarsten und auf der Wetterseite bröckelte der Putz. Die Windmühle ist mit einer vollständigen Feinmüllerei ausgestattet.
Anfang der 60er Jahre diente das Mühlenareal der Schaustellerfamilie Feldmann und ihrem berühmten Riesenrad als Winterquartier und die Mitglieder der Bauring-Siedlung nutzen die Gegebenheiten, um hier in monatelanger Kleinarbeit die Ecksteine für ihre Häuser zu gießen und zu lagern.
Ende der 60er Jahre, als die Bebauung zunahm und das gemeindeeigene Wasserwerk in Spitzenzeiten die Versorgung nicht mehr sichern konnte, wurde in der Mühlenscheune ein riesiger Wassertank installiert, der über Jahre „zugeschaltet“ wurde, bis Hücker-Aschen an das Wassernetz der Stadt Spenge angeschlossen werden konnte.
Restaurierung
Bereits Mitte der 60er Jahre hatte es seitens der damals noch eigenständigen Gemeinde Hücker-Aschen Überlegungen gegeben, die Mühlenruine einer sinnvollen Nutzung zuzuführen. Ein ständiges Jugendlager des Deutschen Sportbundes zu errichten war eine Idee.
Nach der kommunalen Neugliederung des Jahres 1969 mit der Eingemeindung Hücker-Aschens in die neue Stadt Spenge übernahm der 1968 gegründete Heimatverein Hücker-Aschen die Initiative. Es bedurfte Beharrlichkeit, Geduld und Überzeugungskraft, um 1975 im Jahr des Denkmalschutzes den ersten Schritt zu veranlassen. Die Stadt Spenge, der Kreis Herford und die Eigentümer teilten sich die Kosten für die Abdichtung der Mühlenkappe auf dem Turm. Mit dieser Maßnahme konnte ein weiteres Hineinregnen in das Mühleninnere gestoppt werden.
Als dann 1978 ein mehrtägiges Dorfgemeinschaftsfest für den finanziellen Grundstock sorgte, wurde jedem Außenstehenden klar, die Hücker-Aschener Bürger sind bereit, sich für den Erhalt ihres Wahrzeichens zu engagieren. Die rechtlichen und politischen Weichen wurden gestellt. Die Stadt Spenge, der Kreis Herford und das Land NRW stiegen in die Finanzierung ein. Im März 1979 wurde auf- und ausgeräumt, im September des gleichen Jahres erfolgte der Abriss nicht mehr benötigter Gebäudeteile, im Winter 1979/80 wurden die Maurerarbeiten durchgeführt und am 14. Juni 1980 mündete die Montage der neuen Flügel in ein großes Richtfest. Im September des gleichen Jahres wurden die Heimatstube und der äußerlich restaurierte Mühlenturm mit einem Festgottesdienst eingeweiht.
Im ersten Jahrzehnt des neuen Jahrtausends erlebte die Hücker-Aschener Windmühle eine zweite Phase der Restaurierung, die darin gipfelte, dass wieder im Turm gemahlen werden kann. Das Mauerwerk des Turms, die Kappe und die Flügel wurden sachgerecht erneuert; dank der Segeltuchbespannung drehen sie sich wieder.
Windmühle
Viel Eigenarbeit und noch mehr Idealismus
Dieckmann’sche Mühle könnte wieder mahlen
Mahlwerk und Flügel rekonstruiert – Bürger und Förderer eingeladen
Das war Schwerstarbeit! Mühlenbauer Martin Brand aus Wallenbrück und einer seiner Mitarbeiter sowie einige freiwillige Helfer vom Heimatverein Hücker-Aschen bugsierten am Samstagmorgen das aus Buchenholz in gut 120 Stunden angefertigte rund sechs Zentner schwere Mühlenantriebsaggregat (Mühlenwellkammrad, so der fachmännische Ausdruck) über die enge Leiter in der Dieckmann’schen Windmühle auf dem Gehlenbrink in den rund 17 Meter hohen Mühlenkopf, wo es anschließend zusammenmontiert wurde. Dabei flossen viele Tropfen Schweiß.
Schon in den nächsten Tagen, spätestens bis zum 15. Juni 1980, werden auch die Windmühlenflügel von einer Verdener Spezialfirma geliefert und montiert, berichtet Ortsheimatpfleger Erwin Werries, zugleich Vorsitzender des rührigen Heimatvereins. Aus diesem Anlass – der Termin wird noch mitgeteilt – lädt der Heimatverein die Bürger von Hücker-Aschen zu einem Dorfabend an der Mühle ein; gewissermaßen als Dankeschön für die bisherige Unterstützung bei diesem Gemeinschaftsobjekt.
Das jetzt unter großen Mühen montierte Antriebsteil setzt mit Hilfe der noch anzubringenden Flügel – sie haben einen Durchmesser von 9,50 Meter und drehen sich je nach Windstärke 10- bis 13mal je Minute – in Bewegung, indem die Kraft des Windes auf die übrigen Antriebsteile des Mahlwerkes übertragen werden.
Der heute 65 Jahre alte gelernte Mühlenbauer Martin Brand berichtete den interessierten Heimatfreunden, dass er vor 40 Jahren zum letzten Mal ein solches Mühlenrad gebaut habe. Erwin Werries lobte das Engagement dieses seit 48 Jahren als Mühlenbauer tätigen Mannes, der bei dieser Arbeit viel Idealismus bewiesen habe.
Denn außer den reinen Materialkosten, u. a. rund 500 Mark für das Holz, berechne er kaum Kosten. Er trage auf diese Weise dazu bei, dass die Kosten für die Mühlenrestaurierung in Grenzen gehalten werden, zumal man mit den veranschlagten Kosten nicht hinkomme. So wurden unlängst anlässlich des Besuches des Landeskonservators Benninghausen 60.000 Mark nachbewilligt, die die Stadt Spenge, der Kreis Herford und das Land zu gleichen Teilen übernehme.
Der Heimatverein bringe den Überschuss des Dorfgemeinschaftsfestes von rund 12.000 Mark ein und wird weitere Eigenhilfe vor allem bei der Gestaltung der Außenanlagen noch im Laufe dieses Jahres leisten. Die Gesamtkosten erhöhten sich vor allem deshalb auf jetzt rund 180.000 Mark, weil die Mauerarbeiten erheblich aufwendiger gewesen sind als man das vorher absehen konnte.
Übrigens: Mühlenbauer Martin Brand war 1948 dabei, als die Dieckmann’sche Mühle auf elektrischen Betrieb umgebaut wurde. Damals entfernte man auch die Flügel. Mit fünf Mann habe man damals diese Arbeiten, die sich über einen längeren Zeitraum hinzogen, erledigt. Der Stundenlohn betrug 80 Pfennig, erinnert sich Martin Brand noch ganz genau. 10.000 bis 12.000 Mark habe der Umbau damals gekostet. An diesen Zahlen kann man ermessen, welch’ schwierige und zeitraubende Arbeit notwendig war.
Auch die Windrose, die mitsamt den Flügeln in den nächsten Tagen geliefert wird, übernimmt die ihr früher zugedachte Funktion, den Mühlenkopf samt Flügel gegen den Wind zu halten, wodurch der Verschleiß reduziert wird. Die Flügel selbst dagegen werden festgestellt, können aber jederzeit mittels eines Motors in Gang gesetzt werden, wozu auch starker Wind der der Lage ist.
Eingebaut wird eine so genannte Bremse, damit sich die Flügel nicht schon bei leichtem Windgang drehen. Sie wurde ebenfalls in Handarbeit gefertigt. Dass dafür erforderliche Pappel- bzw. Weideholz zu beschaffen, war nach Aussage von Martin Brand gar nicht einfach. Es ist ihm jedoch gelungen. Theoretisch kann also künftig in der Dieckmann’schen Mühle Korn zu Mehl gemahlen werden, nachdem auch einige Reparaturen geringeren Umfanges am eigentlichen Mahlwerk erfolgt sind. In Schuss gebracht wird zudem auch der Schrotgang im Mühlennebengebäude, wo der Heimatverein eine Art Heimatstube einrichten will.
Dieser Anbau wird jetzt mit roten Hohlziegeln eingedeckt, was die Heimatfreunde weitgehend in Eigenarbeit zur Ersparnis von Kosten erledigen wollen.
Abstand hat man von einem Reetdach genommen, und zwar aus Kostengründen. Hohlziegel bedeuten zudem keinen Stilbruch, betonte der Landeskonservator anlässlich seines Besuches in Hücker-Aschen.
Im Übrigen wollen die Heimatfreunde auch bei der Gestaltung des Mühlenplatzes tatkräftig Hand anlegen. Hier sollen die vorhandenen und gefundenen Mühlensteige gestalterische wie funktionelle Eigenschaften, etwa als Tische, übernehmen.
© Westfalen-Blatt Nr. 132 vom 10.06.1980
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